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Über Kopenhagens Dächern

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Mit dem Fokus auf Materialität und Licht hat der dänische Designer und Architekt David Thulstrup eine 150 m² große Dachgeschosswohnung in einem Gebäude aus den 1890er-Jahren im Zentrum Kopenhagens umgestaltet.

David Thulstrup ist preisgekrönter Architekt und Designer, dessen anspruchsvoller und und zugleich ganzheitlicher Ansatz für Architektur, Inneneinrichtung und Produktdesign sein skandinavisches Erbe mit einer modernen Designsprache verbindet. Bekannt wurde sein Büro unter anderem mit der von ihm gestalteten Gourmetkultstätte Noma in Kopenhagen. Das Noma wurde mehrfach als weltbeste Küche ausgezeichnet. Und für seine Leistung zur Neugestaltung des Noma wurde David Thulstrup zum »Interior Designer of the Year« gewählt. Beeindruckt von der Materialität und dem gesamten Erscheinungsbild des neuen Noma mit der Holzauswahl, dem Innenausbau und dem ausgesuchten Mobilar kamen die Eigentümer einer Dachgeschosswohnung in Kopenhagens Stadtmitte auf Thulstrup und sein Team zu, um sich von ihm das Dachgeschoss zu einem Loft umbauen zu lassen.

Dachgeschosswohnung mit Finesse

Der Bestandsbau hatte wenig Licht, aber erkennbares Potenzial. Mit dem dazugekauften Mansardgeschoss oberhalb der bestehenden Wohnetage konnte Thulstrup die Raumzuordnungen radikal neu entwickeln und die beiden Ebenen zu einer Einheit zusammenführen. Um dem Wunsch des Bauherrn nach einer hellen und geräumigen Wohnung gerecht zu werden, konzentrierte sich Thulstrup auf Eingriffe, die eine solche Umwandlung unterstützen. Durch die vertikale und horizontale Öffnung der Wohnräume und die Verwendung hochwertiger Materialien brachte Thulstrup ein Gefühl der Ruhe und Ausgeglichenheit in einen Raum, der durch niedrige Decken und wenig natürliches Licht gekennzeichnet war. Ein wichtiger architektonische Eingriff war eine abfangende Dachkonstruktion, mit der der Küchenbereich erweitert und eine Dachterrasse hinzugefügt wurde, die über den Dächern von Kopenhagen ganztägig dem Sonnenlicht zugeordnet ist.

Indem Thulstrup den historischen Dachstuhl freilegte, können die alten Kiefernbalken und -sparren in den mattweiß gestrichenen Räumen hervorgehoben wirken – der Respekt vor dem Bestand ist für ihn gesetzt. Holz braucht für den Architekten immer einen Gegenpart – bei dem Dachausbau das Mattweiß der Wandflächen, das Metall der Küche und der glasgestrahlte und gelb verzinkte Stahl der Wendeltreppe.

Die Ehrlichkeit im Material

Die offen gestaltete Wohnküche vom dänischen Küchenbauer Reform nimmt sich mit ihren puristischen Küchenfronten und dem Küchenblock aus handgebürstetem Aluminium und einer massiven Arbeitsplatte aus rostfreiem Stahl zwar unauffällig zurück, ist dennoch der Mittelpunkt des Wohnens. Die gebürstete Oberfläche sorgt für ein besonders massives und mattes Aussehen. Der Entwurf von »Plate«, so der Name des Küchenprogramms, entstammt dem Entwurfsblock von David Thulstrup. Das zentrale Thema seiner Arbeit »die Ehrlichkeit im Material“ wird dabei sehr augenscheinlich. Die Oberflächen der Fronten wurden als mehrlagige Strukturfronten designt und produziert: 2-mm-Aluminiumplatten, aufgebracht auf beide Seiten einer klassischen schwarzen, durchgefärbten MDF-Platte. Dadurch entsteht der unaufgeregte, industrielle Charakter.

Großzügig öffnen die Terrassentüren in der eingezogenen Glasfront den kombinierten Küchen- und Essbereich zu einer sonnigen Terrasse, die wie eine Erweiterung der Innenräume wirkt. Viel Licht kommt über die großformatige Verglasung des Übergangs zur Dachterrasse, aber noch effektvoller als Wechselspiel der vielen platzierten Dachflächenfenster zwischen den nun sichtbaren Dachstuhlelementen.

Viel Licht in der Dachgeschosswohnung

Die freigelegten Balken aus Kiefernholz zwischen den weißen Wandflächen bilden nun einen spannenden Kontrast zu den Dielen aus Kerneiche des dänischen Bodenspezialisten Dinesen. Die Bodenausführung ist ein zentraler Aspekt des Designkonzeptes von David Thulstrup, der festhält: »Die Arbeit mit Kontrasten ist für meine Vorgehensweise von absoluter Bedeutung. Für die Dachgeschosswohnung ist das Zusammenspiel von warm und kalt, alt und neu sowie von natürlichen und anderen Materialien wesentlich für das Designkonzept.«

Was die Materialität betrifft, so ist die Kombination aus den ursprünglichen Holzbalken und den Dielen von Denisen faszinierend. Die Bauherren hatten sich bereits bei ihren Besuchen im Sternerestaurant Noma in das Erscheinungsbild und die Haptik dieser urwüchsigen Dielen verliebt. Daher war die Entscheidung für Dinesen »Heart Oak« von Anfang an gesetzt. Bei Heart Oak nutzen die Bodenmacher den mittleren Bereich großer Eichenstämme bestmöglich und machen daraus Eichendielen in nicht alltäglichen Dimensionen. Breiten von 500 mm und Materialstärken von 30 mm sind bei fallenden Längen herstellbar. Natürliche Risse bleiben erhalten und werden mit eleganten Schwalbenschwänzen fixiert. Das schenkt den Dielen eine besondere und kraftvolle Ausstrahlung.

Ausstrahlung und Leidenschaft

Dinesen zeichnet sich seit mehr als 120 Jahren durch seine Leidenschaft für die natürliche Schönheit des Holzes aus. Rohholz bezieht das Familienunternehmen aus ausgewählten europäischen Wäldern, Ein wesentliches Element nachhaltiger Forstwirtschaft besteht darin, immer nur einen Baum zu fällen und somit den Bäumen die Möglichkeit zu geben, sich auszuwachsen und ihr volles Potenzial zu entwickeln, bevor sie gefällt werden.

Inzwischen wohnt das Bauherrenpaar auf insgesamt 150 m² Wohnfläche. Durch das Einbeziehen des Mansardgeschosses entfaltet der Raum die Wirkung von enorm mehr Raum als den tatsächlich vorhandenen. Auch wenn durch die Gestaltungssprache des Architekten und die Materialität manch Bezug zum Noma da ist – die Charakteristik des Bestandes erzeugt ein ganz eigenes, faszinierendes Unikat.

Mehr Edler Dachausbau: Dachausbau mit Finesse


dds-Redakteur Hubert Neumann, Gestalter der Fachrichtung Holztechnik hat selbst schon einige Dachausbauten geplant und geleitet. Das Zusammenwirken des alten Dachstuhls mit moderner Materialität fasziniert ihn.


Steckbrief

Planung: Studio David Thulstrup

www.studiodavidthulstrup.com

Objekt: Private Dachgeschosswohnung in Kopenhagen, Dänemark

Bodenbelag von Dinesen: Planken aus Eiche in Dicke 30mm, Breite: 400 mm

www.dinesen.com

Der Beitrag Über Kopenhagens Dächern erschien zuerst auf dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau.


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