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Channel: Bauelemente Archive - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau
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Geht nicht, gibts nicht

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dds-Autor Peter Gahr betrachtet »spezielle« Wünsche von Kunden als kreative Herausforderung. So auch bei dieser Schiebetür, die nicht nur die Garderobe verschließt, sondern bei Bedarf auch den Durchgang zur Küche.

Das war eine wirklich schöne Idee, die sich Architekt und Bauherr zusammen ausgedacht haben: Nach dem Betreten des Hauses steht man in einer großen Eingangshalle, die sich nach oben bis zum schrägen Dachstuhl öffnet. Links, in eine Nische integriert, sitzt ein circa zweieinhalb Meter breiter Garderoben-Einbauschrank. Dessen linke Seite wird konventionell mit Blenden und Türen abgeschlossen, dem rechten Teil mit Kleiderstange ist eine Schiebetür vorgesetzt. Bei Bedarf sollte die Schiebetür links neben den Schrank verschoben werden können, um den Zugang zur Küche zu versperren und den Garderobenschrank komplett zu öffnen.

Um ganz genau zu sein: Die obere Führungsschiene samt Türblatt waren bereits vom Türenbauer gesetzt, der Boden fertig. Mit einer Bodenführung wäre alles ganz leicht gewesen, doch diese war vom Bauherrn aus nicht gewünscht – ergo auch nicht gesetzt worden. Das Problem: In der Endphase sitzt die Tür neben dem Schrank, neben bzw. außerhalb der unteren Führungsschiene.

Solch spezielle Wünsche betrachte ich immer als eine kreative Herausforderung und ein »geht nicht« spare ich mir so lange auf, bis mir wirklich nichts einfällt. Standards bauen wir genug und man ist immer wieder überrascht, was alles dann doch machbar ist.

Ich nahm diese Vorgabe also sportlich und versicherte gegenüber dem Kunden, hierfür eine Lösung zu finden. Was passiert also, wenn sich die Schiebetür seitlich über den Korpus hinausschieben lässt, wie überbrücke ich die seitliche Mauerlaibung? Hierfür gibt es keinen Standardbeschlag.

Die Tür war bereits gefertigt …

Die einfachste Lösung wäre gewesen, rechts und links eine breite Blende vorzusehen und das Türblatt überbreit auszuführen, sodass es über die Laibung übersteht und so der Eingriff in die untere Führungsschiene stets bestehen bleibt.

In Konsequenz hätte dies bedeutet, eine neue Tür zu fertigen, denn die bereits bestehende schloss bündig mit der Mauerlaibung ab.

So entstand die Idee einer in das Türblatt integrierten Schleppführung. In der rechten Stellung wird diese von der rechten Mauerlaibung komplett eingeschoben, sodass das Türblatt an der Wand anstehen kann. In der linken Stellung läuft sie über die Mauerlaibung hinaus. Die Schleppführung wird seitlich aus dem Türblatt herausgezogen und ermöglicht so einen permanenten Eingriff in der Führungsschiene. In der Tat: ein Sonderteil!

Aufgebaut ist die Schleppführung dreiteilig: Grundkörper, Schleppteil mit Führung sowie Abdeckplatte. Mit einer Türstärke von 30 mm war nicht allzu üppig Platz, dementsprechend schlank musste alles konzipiert werden. Zu beachten war auch eine zweistufige Montage: Der Führungsblock aus Delrin wird ganz zum Schluss eingebaut – nach Fertigmontage des Schrankes. Nachdem die Idee Gestalt angenommen hatte, gestaltete sich die Ausführung erstaunlich unproblematisch. Der Grundkörper aus Delrin, mit der eingearbeiteten Führungsnut für das Schleppteil wird in die Ausnehmung des Türblatts eingesetzt und mit einer seitlich leicht überstehenden Abdeckplatte aus Edelstahl verschraubt. Außen verbleibt eine Überdeckung von 5 mm. Eine Ausklinkung an der Türkante minimiert den sichtbaren Querschnitt und gestaltet den außen sichtbaren Teil eleganter. In die Schleppführung ist ein 8 mm starker Anschlagbolzen integriert, der in einer zweiten tiefer liegenden Nut läuft und verhindert, dass die Schleppführung aus dem Beschlag gezogen wird.

Fazit: Eine nicht alltägliche, aus der Not der Vorleistungen geborene Lösung, die der Zuarbeit eines guten Metallhandwerkers bedarf. In Summe ergibt sich gegenüber der Neuanfertigung eine kostengleiche Lösung, die jedoch in Ästhetik und Raumausnutzung eindeutig gegenüber einer überbreiten Tür punktet.


Peter Gahr hat schon als Kind in der benachbarten Schreinerei Möbel gebaut. Heute arbeitet er als Architekt und Möbeldesigner. In dds stellt er in loser Folge Arbeiten aus seiner Werkstatt vor.

Der Beitrag Geht nicht, gibts nicht erschien zuerst auf dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau.


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