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Widerstand nicht zwecklos

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Klare Sache: Hauseingangstüren sollen sicher sein. Doch was heißt das im Detail? IFT-Experte Robert Krippahl hat Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zur Einbruchhemmung von Fenster und Türen.

Alle 3,5 Minuten passiert in Deutschland ein Einbruch, meistens über Fenster und Türen. Welchen Rat gibt man Immobilienbesitzern, die sich wirksam schützen wollen?

Die Sicherheitsausstattung sollte immer passend zum Objekt gewählt und das Einbruchrisiko abgewogen werden. Allgemein heißt das, je schlechter Fenster und Türen von außen einsehbar sind und je weiter der Nachbar entfernt ist, desto höher das Risiko. Neben abschreckenden Maßnahmen wie Bewegungsmeldern mit Licht und akustischen Signalen ist die mechanische Sicherung aller Wandöffnungen die wichtigste Maßnahme. Denn der Einbrecher ist ein »scheues Reh«, das schnell nervös wird. In der DIN EN 1627 gibt es klar definierte Widerstandsklassen, die die Anforderungen an das Element, die Verglasung, aber auch die Montage vorschreiben.
Wie unterscheiden sich die Widerstandsklassen nach DIN EN 1627?
Die Unterschiede liegen in den verschieden hohen Belastungen, denen die Elemente entsprechend der Widerstandsklasse über eine definierte »Einbruchzeit« standhalten müssen. Wird in der Widerstandsklasse RC 1N noch ohne Werkzeug belastet, gibt es bei RC2 bereits einen Schraubendreher und bei RC3 einen 75 cm langen Kuhfuß als Hebelwerkzeug. Ab der Widerstandsklasse RC4 werden schlagende und elektrische Werkzeuge verwendet. Zentrale Unterscheidungsmerkmale sind die Widerstände gegen das vom Täter eingesetzte Werkzeug und die Angriffszeit.
Wo wird welche Widerstandsklasse typischerweise eingesetzt?
In normalen Wohnobjekten empfiehlt die Kriminalpolizei die Klassen RC 2 und bei geringer Gefährdung auch RC1 N und RC 2N. Die Klasse RC 3 wird eher im gehobenen Immobiliensektor und gefährdeten Büro- und Verwaltungsgebäude verbaut. RC 4 bis RC 6 wird für Gebäude wie Banken, Juweliergeschäfte, Regierungsgebäuden aber auch bei Gebäuden der Wasser- und Energieversorgung eingesetzt und meist gekoppelt mit weiteren Schutzmaßnahmen wie Einbruchmeldeanlagen, Überwachungskameras oder baulich vorgeschaltete Abgrenzungen.
Welche Komponenten gehören zwingend zur Sicherheitsausstattung?
Die Einbruchhemmung funktioniert als Sicherheitskette, die nur so gut ist wie ihr schwächstes Glied – das wird oft vergessen. Diese Kette reicht vom Mauerwerk, der Befestigung, dem Rahmen über die Beschläge inkl. Verschraubung bis zum Glas und dessen Einbindung in den Flügel. RC 2-Fenster und Türen brauchen anders als Standardbauteile bereits eine normativ geforderte P4A-Verglasung mit stabilerer Befestigung des Glases und bei Fenstern mehr Verriegelungspunkte in Pilzzapfenausführung, um das einfache Aufhebeln zu verhindern. Hinzu kommen die Griffolive sowie ein integrierter Anbohrschutz. Bei der Montage sind die Vorgaben der Montageanleitung zu berücksichtigen, die Bestandteil des Prüfberichtes ist. Wichtig sind Art und Abstände der Befestigungsmittel inkl. der druckfesten Hinterfütterung sowie die Anforderungen an umgebende Wände.
Was bedeutet die Klasse RC 2N?
Bei den Klassen RC 2N und auch RC1 N müssen alle sicherheitsrelevanten Komponenten ebenso wie in den übrigen Klassen umgesetzt werden. Lediglich Anforderungen an die Verglasung können national festgelegt oder privatrechtlich vereinbart werden, beispielsweise der Einsatz von einfachem Floatglas oder VSG anstatt der bei RC 2 geforderten und teureren P4A-Verglasung. Die Glasbefestigung hingegen muss zwingend auch in den Klassen RC 1N und RC 2N nach den Maßstäben des geprüften Elementes erfolgen und ausgeführt werden – dies wird häufig nicht bedacht und würde eine Abweichung zur geforderten Klassifizierung darstellen. Bei nichttransparenten Ausfachungen gibt es keine derartige Regelung.
Über welche Nachweise muss man für die Vermarktung einbruchhemmender Bauelemente verfügen?
Bietet ein Hersteller Bauelemente nach den RC-Klassen an, so muss er zwingend über die notwendigen Nachweise verfügen, dass das von ihm hergestellte Produkt auch die nach DIN EN 1627 geforderten Sicherheitsanforderungen erfüllt. Die Prüfungen können selbst durchgeführt oder es können die Prüfzeugnisse eines Systemgebers im Rahmen des Cascading Verfahrens genutzt werden. Hierbei müssen alle Angaben des Prüfnachweises zwingend beachtet werden, zu denen auch detaillierte Anleitungen für die Herstellung und Montage gehören.
Kann der Prüfnachweis durch den Zusatz »in Anlehnung an« umgangen werden?
Nein. »In Anlehnung an Sicherheitsklasse RC 2« z.B. bedeutet nicht, dass die Klasse RC 2 erfüllt ist. Es mögen vielleicht einzelne sicherheitsrelevante Komponenten wie ein Sicherheitsbeschlag verwendet werden, aber dies bietet keine Gewähr, dass die zuvor beschriebene Sicherheitskette von A bis Z funktioniert.
Wie lautet Ihre Empfehlung für Tischler, die sich im Bereich der Einbruchhemmung positionieren wollen?
In 42 Prozent der Fälle werden Einbrüche durch mechanische Sicherungen verhindert. Das zeigt deren Wirksamkeit und ist Grund für die starke Nachfrage seitens der Bauherren. Die Beratung, Herstellung und Montage einbruchhemmender Fenster und Türen erfordern Erfahrung und ein umfangreiches Fachwissen, das in der Weiterbildung zur »IFT-Fachkraft für mechanische Sicherheit« vermittelt wird. Tischler und Schreiner, die sich erfolgreich im Bereich einbruchhemmender Bauteile positionieren wollen, nutzen auch die Vorteile einer Zertifizierung durch eine autorisierte Stelle. Die zertifizierten Produkte, Hersteller und Montagebetriebe werden in die Herstellerlisten der Landeskriminalämter (»KPK-Listen«) aufgenommen, die bei ihrer kostenlosen Beratung von Planern und Bauherren auf die Hersteller und Errichter aus der KPK-Liste verweisen.

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Robert Krippahl ist Produktmanager für Türen und Fenster im IFT Rosenheim. Davor war er lange Jahre als Prüfstellenleiter im Sicherheitslabor tätig,

»Aufbruch in neue Zeiten«: 9. Rosenheimer Tür- und Tortage am 8./9. Juni 2016
Die Tür- und Tortage in Rosenheim stehen diesmal unter dem Motto »Aufbruch in neue Zeiten«, weil sich mit der Novellierung der Musterbauordnung (MBO), der VOB/B sowie neuer Produktnormen wie der EN 14351–2 für Innentüren und der EN 16034 für Feuer-und Rauchschutzabschlüsse die Randbedingungen der Branche grundlegend ändern.
27 Referenten berichten über relevante Änderungen, die sich für Hersteller, Systemgeber, Planer, Verarbeiter und Bauelementehändler ergeben. Dies gibt Orientierung im Umgang mit den neuen Regeln und schafft Rechtssicherheit. Auch die Eröffnung des Technologiezentrums mit modernsten Prüfeinrichtungen und Logistikkonzepten ist ein Aufbruch in neue Zeiten.
Die zahlreichen Vorträge gliedern sich in zehn Blöcke, u.a. mit den Themen »Normung, Technik und Markt«, » Innen- und Außentüren« sowie » Sicherheit«. IFT-Experten berichten zu praxisrelevanten Themen, beispielsweise die anwendungsbezogene Planung der Bauteilqualität von Knut Junge, neues von der Maschinenrichtlinie von Klaus Hein, die Ausführung und Nachweise für Türen in Flucht- und Rettungswegen von Robert Krippahl sowie die einfache Umsetzung der PEFC Zertifizierung durch Florian Stich.
Das vollständige Tagungsprogramm mit Informationen zu Referenten und Vorträgen sowie Preisen und Anmeldungsmöglichkeiten finden sich auf der Website www.tuerentage.de.

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